Bad Laasphe. „Es kann einfach JEDER Frau passieren, und das ist die traurige Realität“ – so steht es auf einer Tafel, die derzeit im Haus des Gastes Bad Laasphe neben der Kleidung einer Frau hängt. „Es“ bezieht sich auf einen gewalttätigen sexuellen Übergriff, die Anziehsachen auf dem Kleiderbügel und die Schuhe darunter gehören derjenigen, die die Tat erleiden musste, die Tafel daneben erzählt die ganze Geschichte der Vergewaltigung. Fast alle zwölf Texte stammen von den Frauen selbst, nur in einem Fall erzählt eine Enkelin, was ihrer Oma im Pflegeheime passierte. Die Altersbandbreite der Geschädigten reicht von sechs bis über 80 Jahre. Organisatorin Nicole Lützenkirchen-Rothenpieler vom Fischelbacher Sohl hat die Ausstellung „Was ich anhatte…“ mit Lisa Weil, der Gleichstellungs-Beauftragten der Stadt Bad Laasphe, in die Lahnstadt geholt. Die Beiden eröffneten Freitagabend die Ausstellung vor immerhin 60 Menschen, diese ist erstmals im Kreis Siegen-Wittgenstein zu sehen.
„Wir müssen aufhören, den Fehler in uns selbst zu suchen“ – steht auf einer weiteren Tafel, gemeint sind die von Übergriffen betroffenen Frauen. Diese allerwichtigste Ausstellungs-Botschaft kam in der einen oder anderen Form in jedem der sechs Grußworte vor. Dabei war egal, ob dieses von einer Frau oder einem Mann gesprochen wurde. Auch als Leiter der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein ermutigte Landrat Andreas Müller Betroffene, solche Taten anzuzeigen, gerade weil die Aufklärungsquote bei Sexualstraftaten mit 93 Prozent in Siegen-Wittgenstein sehr hoch liege. Er wies auf die Möglichkeit einer anonymen medizinischen Spurensicherung hin, die Vergewaltigungs-Opfern nach einer Tat Zeit gibt, in der sie überlegen können, ob sie den Verantwortlichen anzeigen wollen. Auch Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden machte klar: „Jegliche Relativierung von Gewalt gegen Menschen bleibt inakzeptabel“. Dem konnten sich die heimischen Bundestagsabgeordneten Luiza Licina-Bode und Laura Kraft nur anschließen, die gleichermaßen darauf verwiesen, dass mehr Frauenhaus-Plätze ein wichtiges Anliegen seien. Ehrlich freute sich Susanne Otto als Opferschutz-Beauftragte der Polizei Siegen-Wittgenstein: „Gut, dass so viele Politiker hier sind“, das eröffne die Möglichkeit, dass der Opferschutz gestärkt werden könne. Im letzten Grußwort brachte Ingrid Kurzeja von der Siegener Beratungsstelle „Frauen helfen Frauen“ eine weitere wichtige Ausstellungs-Botschaft zu sexueller Gewalt auf den Punkt: „Es geht um Macht und Dominanz, nicht um Sexualität.“
„Ich weiß, dass ich ihn überlebt habe, und alles Weitere muss ich jetzt schauen“ – heißt es auf einer dritten Tafel. Wenn das scheinbar Unaussprechliche passiert ist, dann muss Frau damit umgehen. Da gibt es nicht den einen richtigen Weg, den musste jede Frau für sich finden. Aber dadurch, dass sie ihre Geschichte hier in der Laaspher Ausstellung erzählen, haben die Opfer in letzter Instanz gegen die Täter gewonnen. Dieser Sieg ist wichtig. Schon dafür lohnt der Besuch. Zu sehen sind in Bad Laasphe außerdem Arbeiten aus einem Sozialwissenschaften-Kurs der Eiserfelder Gesamtschule, der sich im Vorfeld mit der Thematik beschäftigt hatte. Auch einzelne Schülerinnen kamen bei der Eröffnung zu Wort. Die Ausstellung ist bis Samstag, 20. April, im Haus des Gastes zu erleben. Sie öffnet während der Woche von 10 bis 16 Uhr im Kleinen Saal, am Wochenende von 11 bis 14 Uhr. Auf Wunsch wurden die Öffnungszeiten an zwei Tagen verlängert: am Montag, 15. April, bis 19 Uhr, am Mittwoch, 17. April, bis 20 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos. Es ist ein Mindestalter von 16 Jahren empfohlen. Zudem sind immer zwei geschulte Begleiterinnen vor Ort – denn diese Ausstellung ist nicht schön oder leicht, sondern schwer. Und wichtig.

Bildunterschrift: Auch wenn das Thema schwierig ist, freuten sich jetzt Lisa Weil, Nicole Lützenkirchen-Rothenpieler, Dirk Terlinden, Wanessa, Laura Kraft, Luiza Licina-Bode, Andreas Müller, Sumeja und Elif (von links), dass sie die Ausstellung im Haus des Gastes Bad Laasphe eröffnen konnten.

(Foto: privat | Stand: 15.04.2024, 08:50 Uhr)