Siegen-Wittgenstein. Es war ein Auftakt mit Pauken und Trompeten – im Wortsinn: Mit einem musikalischen Festgottesdienst hat der Evangelische Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein am Sonntag seinen Einstand gefeiert. Der neue Kirchenkreis, zu dem sich zum 1. Januar die Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein zusammengeschlossen haben, hatte eingeladen in die evangelische Kirche in Hilchenbach, und damit etwa in seine geografische Mitte: Sein weitläufiges Gebiet reicht von Eslohe im Norden bis Burbach im Süden, von Drolshagen im Westen bis Winterberg im Osten. Der Gottesdienst stand unter der Überschrift „Eingeladen zum Fest des Glaubens“ – und machte deutlich, dass die Fusion nicht nur aus der Notwendigkeit, knapper werdende Ressourcen zusammenzulegen, erwachsen, sondern vor allem ein Grund zur Freude ist. Musikalisch eindrücklich begleitet wurde er nicht nur von Pauken, Trompeten und Posaunen, sondern auch von einem Chor unter Leitung von Kantor Jens Schreiber, der aus Mitgliedern des Ensembles „Carpe Sonum“ sowie der Kirchenchöre Hilchenbach und Ferndorf bestand. Der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein befinde sich aktuell in einer Art Zwischenzustand, sagte Superintendent Peter-Thomas Stuberg. „Ja, der neue Kirchenkreis ist schon Realität, aber dennoch sind wir in einer Übergangsphase.“ Denn erst im kommenden Jahr wird von den Kirchengemeinden eine neue Synode und von dieser dann ein kirchenleitender Kreissynodalvorstand sowie ein Superintendent oder eine Superintendentin gewählt. Bis dahin liegt die Leitungsverantwortung bei einem Bevollmächtigtenausschuss (BVA), der aus Mitgliedern der alten Siegener und Wittgensteiner Kreissynodalvorstände besteht. Stuberg, der bereits Superintendent des Kirchenkreises Siegen war, steht dem Gremium als leitender Theologe vor. In Hilchenbach wurde der BVA von Landeskirchenrat Jan-Dirk Döhling eingeführt und für seinen Dienst gesegnet. Döhling, der als theologischer Ortsdezernent bei der Evangelischen Kirche von Westfalen für die Region Siegen-Wittgenstein zuständig ist, sprach in seiner Predigt zur Geschichte der Berufung des Zöllners Matthäus über Grenzverschiebungen – im geografischen und metaphorischen Sinn. Matthäus sei als Zöllner ein Grenzwächter gewesen, erläuterte Döhling. Er sorge dafür, dass Preise, Märkte und Währungen stabil blieben, und sichere den Wohlstand des Landes. Jesus jedoch sprenge diese Logik: „Was Jesus bringt und schafft, steht quer zur Logik der Grenze.“ Er werfe keinen Gewinn ab und mache keine Verluste, die man säuberlich in Hüben und Drüben aufteilen könne, sagte der Theologe. Damit bringe er nicht nur den Zöllner Matthäus dazu, ihm nachzufolgen, sondern verschiebe auch Grenzen zwischen Sündern und Gerechten – galten Zöllner zu biblischen Zeiten doch als Halsabschneider und Betrüger. Auch für die ganz reale Grenzverschiebung, die im Festgottesdienst gefeiert wurde, habe der Ruf Jesu Auswirkungen, betonte Döhling. Die Vereinigung der Kirchenkreise sei auch aus der Notwendigkeit geboren, besser mit schwindenden Finanzmitteln und Personal zurechtzukommen. Die Konzentration auf dieses „Weniger-Werden“ könne lähmen – ein Phänomen, das in der Psychologie als „Problemtrance“ bekannt sei, erläuterte der Landeskirchenrat. Dabei seien Christinnen und Christen aufgerufen, auch in manchmal schwierigen Veränderungen den Ruf Jesu zu erkennen: „Der mit seinem Heil, seiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit weiter will und deshalb nicht Halt macht an den Grenzen unserer Erfahrungen, unseres Hoffens und Glaubens – unseres Geldes, Personals und unserer Statistiken übrigens auch nicht.“ Jesus schaffe ein Mehr in allem Weniger, betonte Döhling. „Ein Mehr, das wir nicht machen müssen, an dem wir – und eben nicht nur wir – aber teilhaben dürfen.“ Nachdem Döhling die BVA-Mitglieder auf ihre Aufgabe, den Kirchenkreis bis zur Wahl des neuen Kreissynodalvorstandes zu leiten, verpflichtet hatte, bat er die anwesende Gemeinde um ihre Unterstützung für die Gremienmitglieder. Das kräftige „Ja, mit Gottes Hilfe“, das als Antwort aus dem Kirchraum ertönte, sollte dem neu zusammengesetzten BVA Rückenwind für die gemeinsame Arbeit geben.

Bildunterschrift: Der Bevollmächtigtenausschuss wurde von Landeskirchenrat Jan-Dirk Döhling (Mitte, im Talar) in Hilchenbach eingeführt.

(Foto: J. Gesper| Stand: 24.02.2023, 08:30 Uhr)