Bad Berleburg. Allein die 200 Besucherinnen und Besucher in der Evangelischen Stadtkirche – das aktuell mögliche Höchstmaß in Corona-Zeiten – machten deutlich, dass es Viele gab, die sich jetzt bei einem Gottesdienst von ihrer Gemeindepfarrerin Claudia Latzel-Binder nach 22 Jahren Dienst in Bad Berleburg verabschieden wollten. Die einleuchtend verständlichen Bilder in ihrer wie immer liebevoll und mit theologischer Klarheit ausgearbeiteten Predigt, die sie wie gewohnt frei hielt, gaben vielleicht einen ersten Hinweis darauf, was die Menschen in den vergangenen Jahren an ihr schätzten. Diesmal hatte Claudia Latzel-Binder auf der Kanzel einen Eimer dabei und sprach von der Gemeinde als einem Garten, von der erfüllenden Arbeit darin, im Hinblick auf die katholischen Geschwister von der immer offenen Türe zwischen beiden Gärten. Aber am Ende war sie sich sicher, dass bei aller Arbeit, die wir uns machen können, es der Herr ist, der wachsen und gedeihen lässt. Und die Pfarrerin sprach davon, welche Freude ein bunt blühender Garten macht.
Unter den Gästen in der Kirche waren auch der örtliche Chor „Singsation“ und der Berleburger Männergesangverein „Erholung-Germania“, die neben Alex Klose an der Orgel den Gottesdienst musikalisch umrahmten. Gern wirkte Claudia Latzel-Binder nämlich über kirchliche Grenzen hinaus in die Gesellschaft vor Ort. Das klang auch im Grußwort von Bürgermeister Bernd Fuhrmann an, der vom Redemanuskript abweichend ganz persönlich der Pfarrerin Latzel-Binder dankte. Wie nah sie den Menschen in ihrem Dienst war, machten zwei weitere, emotionale Grußworte klar: zum einen von Ina Folenweider, eine ehemalige Konfirmandin, die von Hochzeiten und Taufen in ihrer Familie berichtete, für die sich Claudia Latzel-Binder auch auf weitere Wege gemacht hatte, zum anderen von David Schneider aus der gemeindlichen Jugendarbeit, der mittlerweile selbst Theologie studiert. Der Dank von Mechthild Christ vom Frauenabendkreis zeigte, dass Claudia Latzel-Binder für alle Generationen in der Gemeinde da war. Der langjährige Presbyter Georg Bender stellte in Bezug auf die Entscheidung des Gemeinde-Leitungsgremiums fest: „Man hat damals mit Dir eine gute Wahl getroffen.“ Tanja Baldus und Barbara Lenz-Irlenkäuser vom Wittgensteiner Diakonischen Werk machten klar, dass Claudia Latzel-Binder auch über die Odebornstadt hinaus gewirkt hatte.
Spätestens als Christine Liedtke, jetzt zunächst mal die einzig verbliebene Berleburger Gemeindepfarrerin, daran erinnerte, wie sich die beiden Theologinnen erstmals 2014 während eines Aufenthaltes im Wittgensteiner Partnerkirchenkreis Ngerengere in Tansania über die damals unbesetzte Pfarrstelle in Bad Berleburg unterhalten hatten, da wurde klar, dass das Engagement von Claudia Latzel-Binder aus ihrem Glauben heraus nicht einmal an Kontinent-Grenzen Halt gemacht hat. Christine Liedtke hatte für ihre Kollegin als Abschiedsgeschenk eine große Spielzeug-Möwe. Eine Anspielung darauf, dass Claudia Latzel-Binder nun bei der MÖWe, dem Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung in der Evangelischen Kirche von Westfalen arbeitet. Punktuell hat sie da noch mit Wittgenstein zu tun, darüberhinaus ist sie nun in allen südwestfälischen Kirchenkreisen und zudem ganz konkret für die kirchlichen Partnerschaften mit Asien tätig. Und so konnte Simone Conrad als Superintendentin des Wittgensteiner Kirchenkreises Claudia Latzel-Binder mit einem aufrichtigen Dank entpflichten. Nach einem langen Gottesdienst war das aber längst nicht der Schlusspunkt. Denn in einem wahren Marathon wollten sich fast alle 200 Besucherinnen und Besucher am Ende nochmal persönlich an der Kirchentür von Claudia Latzel-Binder verabschieden.
Mehr Fotos und einige der Grußworte gibt es auf der Homepage des Wittgensteiner Kirchenkreises, große Teile des Gottesdienstes können derzeit noch auf der Homepage der Berleburger Kirchengemeinde angehört werden.


Bildhinweis: Zum Abschied stellten sich das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg und Superintendentin Simone Conrad mit Claudia Latzel-Binder (Mitte) zum Gruppenbild auf

(Foto: privat | Stand: 25.03.2022, 13:03 Uhr)