Bad Laasphe. Wird das seit über drei Jahren bestehende Straßenausbau-Moratorium in Bad Laasphe bald beendet? Darüber entscheidet in einem ersten Schritt der Umwelt-, Bau- und Denkmalausschuss in seiner Sitzung am 9. Februar.
Die Aussetzung von Straßenausbaumaßnahmen hatte die Bad Laaspher Politik im Dezember 2018 vor dem Hintergrund der Diskussion um die KAG-Beiträge einstimmig für sechs Monate beschlossen und anschließend immer wieder verlängert. Vor zwei Jahren schließlich änderte das Land NRW sein Kommunalabgabengesetz (KAG) und legte in diesem Zuge auch ein Förderprogramm auf, mit dem die Beitragsbelastung der Anlieger an neu ausgebauten Straßen um 50 Prozent reduziert wird. Die Mehrheit der Bad Laaspher Politik hielt auch danach an dem Moratorium fest, wollte sich erst nochmal in Ruhe mit der Thematik auseinandersetzen und das Instandhaltungsmanagement der Straßen „optimiert“ wissen, ehe sie der Aufhebung des Moratoriums zustimmt.
Dies alles ist inzwischen geschehen. Mit Unterstützung der Gesellschaft für kommunale Infrastruktur (Ge-Komm) hat die Verwaltung auf Basis der bestehenden städtischen Straßendatenbank das Straßen- und Wegekonzept gemäß § 8a KAG NRW erstellt, welches einerseits als Grundlage zukünftiger Ressourcenplanungen dienen und zugleich eine transparente Informationsgrundlage über beabsichtigte straßenbauliche Maßnahmen darstellen soll. Andererseits ist es Voraussetzung für eine mögliche Beitragsentlastung der Anlieger auf Grundlage der Regelungen des Kommunalabgabengesetzes (KAG NRW). Das Konzept beinhaltet unter anderem in tabellarischer Übersicht 41 beitragsfreie Straßenunterhaltungsmaßnahmen sowie elf beitragspflichtige Straßenausbauvorhaben. Zur Erstellung eines solchen Konzeptes, welches einen Zeitraum von fünf Jahren umfassen muss und mindestens alle zwei Jahre fortzuschreiben ist, ist jede Kommune gemäß KAG verpflichtet.

Das Bad Laaspher Konzept geht dabei in der Vorausschau der geplanten straßenbaulichen Maßnahmen über den fünfjährigen Pflichtzeitraum hinaus. Es veranschaulicht, „wann der technisch, rechtlich und wirtschaftlich sinnvollste Zeitpunkt für Straßenunterhaltungsmaßnahmen ist“ und verdeutlicht zudem, „wann beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen an kommunalen Straßen erforderlich werden können“. Das zur Beratung und Beschlussfassung vorliegende Straßen- und Wegekonzept beinhaltet jedoch keine Vorentscheidung über eine beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahme. Die Durchführung einer beitragspflichtigen Baumaßnahme wird auch in Zukunft einzelfallbezogen durch den Rat der Stadt entschieden und bleibt der Entscheidung des Gremiums vorbehalten. Für diese und weitere Entscheidungsfindungen hat Ge-Komm zudem die webbasierte Softwarelösung XChoice erarbeitet. Das Werkzeug ermöglicht eine zweistufige gewichtete Bewertung straßenbaurelevanter Kriterien und deren transparente Gegenüberstellung.

In einer Sondersitzung des Umwelt-, Bau- und Denkmalausschusses im vergangenen November hatte die Verwaltung das Straßen- und Wegekonzept sowie die Softwarelösung XChoice noch einmal erläutert. Deutlich wurde, dass sich das Infrastrukturvermögen der Lahnstadt in den Jahren 2009 bis 2019 von 33,9 Millionen Euro auf knapp 20,8 Millionen Euro reduziert hat. Knapp 47 Prozent der kommunalen Straßen- und Wegeflächen seien inzwischen den beiden schlechtesten Zustandsklassen 4 und 5 zuzuordnen. Das bedeute zwar nicht gleich, dass derartige Zustandsklassifizierungen auch Maßnahmen der jeweiligen Kategorie nach sich zögen – vielmehr sei für jeden Zustand die jeweilige Maßnahmenempfehlung zu prüfen. Allerdings sei bei den Maßnahmenkategorien 4 und 5 in der Regel davon auszugehen, dass durchzuführende Verbesserungen an der Straße beitragspflichtig seien, so Andreas Krep vom Fachbereich Bauen und Planen.

Er empfahl, vorausschauend zu agieren und die kommunalen Straßen mittels der sogenannten Instandsetzungsstrategie zu erhalten. Dabei werden frühzeitig Instandsetzungsarbeiten wie z. B. ein Ersatz der Deck-/Verschleißschicht durchgeführt, die die Gesamtsubstanz der Verkehrsfläche schützen und das Erreichen der angestrebten Gesamtnutzungsdauer einer Straße ermöglichen. Voraussetzung dafür ist jedoch ein technischer Ausbaustandard nach aktuellen Straßenbaurichtlinien. Im Gegensatz zur oft angewendeten Instandhaltungsstrategie, bei der beim Erreichen eines kritischen baulichen Zustandes lediglich die Oberflächenschäden immer wieder geflickt werden, sei durch stringente Anwendung der Instandsetzungsstrategie langfristig eine Kostenersparnis in Höhe von 25 Prozent möglich, so Krep. Sein Fazit: Defizite im Ausbaustandard können lediglich durch Straßenausbau beseitigt werden, nicht durch „Flick- und Fuddel-Arbeiten“, die zumeist nur dem kurzfristigen Erhalt der Verkehrssicherheit dienen.

Beispielhaft zeigte er dann auch noch auf, wie hoch die Anliegerbelastung bei einem Ausbau des Oberen Feldhains in Banfe sein würde. Dafür legte er Baukosten in Höhe von 407.000 Euro für die Straße zugrunde und eine Gesamtnutzungsdauer von 40 Jahren. Bei einem Anliegerbeitrag von 60 Prozent betrage die Belastung je nach Grundstücksgröße zwischen 3,75 Euro und 32,50 Euro im Monat – und das ohne die 50-prozentige Förderung durch das Land.

Nun steht also die politische Entscheidung an, ob das Moratorium, das durch Ratsbeschluss vom 11. November vergangenen Jahres noch einmal bis zum 31. Mai 2022 verlängert worden war, mit sofortiger Wirkung beendet werden soll. Im zweiten Schritt soll nach dem Umwelt-, Bau- und Denkmalausschuss auch der Rat in seiner Sitzung am 17. Februar darüber beraten. In diesem Zuge soll auch das Straßen- und Wegekonzept für den Zeitraum 2022 bis 2026 beschlossen werden. Gibt die Politik in beiden Punkten grünes Licht, könnte in diesem Jahr unter Umständen der Vollausbau der Straßen Thüringer Weg/Am Birkenstrauch (teilweise) in der Kernstadt und Oberer Feldhain in Banfe realisiert werden. Beitragsfreie Unterhaltungsmaßnahmen würden sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen.

Bürgermeister Dirk Terlinden hofft, dass Umwelt-, Bau- und Denkmalausschuss sowie Rat die Moratoriums-Phase beenden: „Für ein Moratorium gibt es in Bad Laasphe keinen Raum mehr. Wir müssen wieder beginnen, in Straßen zu investieren, um dem schon eingetretenen Vermögensverzehr noch rechtzeitig entgegenwirken zu können. Die neuen Straßen sind ein Zugewinn für jeden.“
Das Straßen- und Wegekonzept inklusive der Aufstellungen der angedachten Straßenunterhaltungs- und Straßenausbaumaßnahmen in den Jahren 2022 bis 2026 ist im Ratsinformationssystem der Stadt einsehbar.

Bildhinweis: Der Thüringer Weg zwischen dem Abzweig Am Feldberg und dem Abzweig Am Birkenstrauch ist in diesem Jahr für den Ausbau vorgesehen. Doch erst muss die Bad Laaspher Politik das Moratorium aufheben und das Straßen- und Wegekonzept 2022 bis 2026 beschließen. Beide Punkte stehen in den nächsten Sitzungen des Umwelt-, Bau- und Denkmalausschusses am 9. Februar und des Rates am 17. Februar zur Debatte.

(Foto: Stadt Bad Laasphe | Stand: 30.01.2022, 9:15 Uhr)