Bad Berleburg. (bwh) Am Johannes-Althusius-Gymnasium können Passanten Einblick in eine echte Schatzkammer erhalten. Der Heimatverein für Landwirtschaft und Brauchtum stellt dort ab sofort in wechselnden Abständen Exponate der Bad Berleburger Stadtgeschichte aus. „Wenn Menschen nicht ins Museum können, dann kommt das Museum eben zu den Menschen“, meint Christoph Vetter. Ein lange gehütetes Geheimnis wurde am Donnerstagnachmittag gelüftet: Die Brunnenfigur vom ehemaligen Marktplatz, dem heutigen Goetheplatz, steht erneut im Fokus der Öffentlichkeit gut sichtbar in der Poststraße. Auf Spurensuche hat sich der Bad Berleburger Hans Petry begeben. „Nach dem verheerenden Stadtbrand 1825 wurde die Kirche auf dem Goetheplatz abgebrochen, der Platz reguliert und ein Brunnen aus Sandstein mit den Maßen 3,75 x 3,75 x 1,85m erbaut. Von einer Brunnenfigur war da noch keine Rede“. Belege finden sich auf einer Ansichtskarte um 1900 – aufgrund der ab 1893 vorhandenen Trinkwasserversorgung war der Brunnen obsolet geworden und Anfang des 20. Jahrhunderts entstand auf dem heutigen Goetheplatz die Brunnenschale mit dem Zwerg in der Mitte. Die Figur aus Zinkguss verschwand im Zuge einer Restauration zwischen 1940 und 1950 spurlos, bis Günter Hirschhäuser diese bei der Lieferung einer Waschmaschine 1990 bei der mittlerweile verstorbenen Elke Kroh wiederentdeckte.

Suche nach dem Künstler

Nach Erzählungen wollte Fürst Albrecht um 1940 die Figur auswechseln und neu bemalen lassen. Der Herkunft ist Christoph Vetter auf der Spur. „Das ist ein total spannendes Thema. Auf der Rückseite des Werkes lässt sich eine Signatur mit ‚M. Klein‘ ausmachen. Unsere Recherchen haben ergeben, dass es sich dabei um den Künstler Max Klein handelt, der unter anderem eine Überlebensgroße Figur von Otto von Bismarck in Berlin erstellt hat. Verschiedene eingeprägte Nummern deuten darauf hin, dass unser Zwerg einen Bruder hat“. Sieben Farbschichten wurden von dem zwischenzeitlich angemalten Zwerg gekratzt. „Bestenfalls steht die Figur wieder am Goetheplatz. Das ist aber noch Zukunftsmusik“, schwärmt Klaus Daum. Etwaige Restaurationsarbeiten haben das Interesse der Sparkasse Wittgenstein geweckt. Auch in ihrem neuen Museum am Sengelsberg 60 des Heimatvereins für Landwirtschaft und Brauchtum mit dem aktuellen Interimsnamen „Museum am Rothaarsteig“ soll künftig die Stadtgeschichte lebendig erzählt werden. „Früher war es ein rein landwirtschaftliches Museum, wir öffnen uns mehr und mehr allgemeinen Exponanten“, so Klaus Daum. Das Schaufenster am JAG ist in die lange Geschichte der Stadt Bad Berleburg eine kleine Zeitreise. Neben dem Brunnenzwerg finden sich einige Ausstellungsstücke aus der Arbeit und dem Leben der früheren Bevölkerung.

Was war die Carlsburg?

Die Geschichte auf dem Grund des JAGs ist mindestens genau so spannend wie die der verschollenen Brunnenfigur: Die um 1730 durch Graf Casimir errichtete Carlsburg auf dem Gelände des heutigen JAGs ín Verpflichtung für seinen Bruder Carl – parallel dazu entstand für den anderen Bruder Ludwig die Ludwigsburg. Bestehend aus einem Wohnhaus, einer Scheune und einem Stall konnte die Carlsburg nach dem Tod von Graf Carl nach 1749 kaum unterhalten werden, sogar ein Abbruch war zum Beginn des 19. Jahrhunderts vorgesehen. Erheblich belastete wurde das Grundstück durch den Bau der Provinzialstraße (der heutigen Poststraße) Mitte des 19. Jahrhunderts, ehe die Carlsburg dem Stadtbrand von 1866 zum Opfer fiel. Einen Rückblick auf diese Zeit bietet im Schaufenster die 1849 entstandene Lithographie von Jakob Scheiner aus Siegen. Was ein Mord an einem Lehrer und die Gründung des VfL Bad Berleburgs mit der Carlsburg zu tun hat – das kann direkt am Schaufenster des Heimatvereins für Landwirtschaft und Braumtum erfahren werden. Denn eines ist sicher, weiß Klaus Daum: „Heimatkunde ist steckt voller Geheimnisse“.

(Fotos: B. Weinhold | Stand: 20.08.2021, 11:47 Uhr)