Bad Berleburg. (bwh) Ein gutes Jahr wird es noch dauern, dann soll das Kino in Bad Berleburger wieder in einem neuen Glanz erstrahlen. „Wir wollen einen Erlebnis-Charakter schaffen“, meint EJOT-Geschäftsführer Christian Kocherscheidt über das wohl meist ersehnte Projekt in der Kernstadt. Neben dem vorgesehenen Kino sollen auch Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeit im Hotelcharakter in dem Gebäude platz finden. Erste Schritte in Richtung Zukunft dazu taten sich am vergangenen Mittwoch auf, denn die typischen lila Sessel aus dem „Kino 3“ wurden in einer gemeinnützigen Aktion an Privatpersonen abgegeben. „Wir wollten mit dieser Aktion etwas zurückgeben“, so die Kino-Projektmanagerin Carolin Lünser. „Der Andrang für die 82 Sessel war sehr, sehr groß. Minütlich kamen Anrufe rein. Innerhalb von einer Stunde war jeder Sessel reserviert, wir haben sogar einige Leute auf die Warteliste gesetzt“, berichtet Lünser. Die anderen Sessel – aus dem großen Kinosaal 1 und dem kleineren Saal 2 sollen im Kino verbleiben. Einer der insgesamt 66 Abholer ist Jan Matthes, Fahrlehrer aus Bad Berleburg. Er selber hat für sich und seine Frau zwei Sessel organisiert. „Wahrscheinlich werden die in unserem Partykeller Platz finden. Da hängen viele Erinnerungen dran und man tut damit etwas Gutes für Bad Berleburg.“ Nach und nach verlässt eine Sitzreihe nach der anderen den Saal, munter wird geschraubt. Etwas Wehmut spürt man bei allen Anwesenden, die die Herzstücke des Kinos entnehmen. Doch die Vorfreude ist groß.

Große Pläne für die Zukunft

Derzeit laufen noch die Genehmigungsverfahren, dann beginnen im Sommer die Umbaumaßnahmen im ehemaligen Capitol. Erhalten werden sollen die drei Säle nicht nur als klassischer Kinosaal, sondern auch als multifunktionale Veranstaltungsorte. So soll der große Saal 1 auch eine Bühne erhalten, etwa für Theater oder Kabarett. Der gastronomische Bereich soll in einem lichtdurchfluteten Vorbau auf dem Vorplatz platz finden. Den Aspekt der Nachhaltigkeit lassen die Investoren bei dem Bau vom damaligen Kurdirektor Wilhelm Stark in den 1950er-Jahren nicht außer Acht: „Wir gehen stark in Richtung autarke Energieversorgung. Dafür ist ein riesiges Energiekonzept notwendig. Begonnen wurden bereits Geothermie-Probebohrungen, ebenso arbeiten wir mit Solarenergie. Um eine Synergie zwischen den Angeboten zu schaffen, steht der Schallschutz besonders im Vordergrund.“ Natürlich soll das Kino ein Kernelement als beliebter Treffpunkt bleiben. „Wir wollen nicht nur ein Kino schaffen, sondern einen Erlebnisraum für Veranstaltungen. Zukünftig können beispielsweise auch Hochzeiten hier gefeiert werden“, so Carolin Lünser.

Etwas zurückgeben

„Das Kino kenne ich schon, seitdem ich ein kleines Kind war“, meint Christian Kocherscheidt. Daraus entstand auch der Antrieb: „EJOT ist ein wesentlicher Arbeitgeber in der Region. Das Kino gehört zur Identität dieser Kleinstadt – so eine Kulturstätte muss einfach erhalten werden. Wir sehen, dass sich dieser Ort auf die Menschen und unsere Mitarbeiter positiv auswirkt. Deswegen haben wir gar nicht gezögert, in dieses Projekt zu investieren und damit der Stadt einen wichtigen Veranstaltungsort zurückzugeben“. Worte, die an den Gründer Hans-Werner Kocherscheidt erinnern, der im April 2017 verstorben ist. Die innovative Triebkraft des Unternehmens sowie das umfangreiche gesellschaftliche Engagement zeichnen bis heute die Vision von EJOT. „Es liegt an uns, dass die Leute gerne kommen. Zudem stärken wir damit den Tourismus“, ergänzt Kocherscheidt. Es war nie ein normales Kino – sondern eine wahrhafte Institution, ein place to be. Und genau das wird spürbar, während sich das Kino 3 immer weiter leert, um Platz für neues zu schaffen. Der hohe Andrang macht deutlich, dass jeder ein Stück von „seinem“ oder „ihrem“ Kino behalten möchte. Zwar erfolgte die Ausgabe der Sessel kostenlos, dennoch ermöglichte EJOT für einen guten Zweck zu spenden.

Jugendförderverein profitiert

100 Prozent des Spendenerlöses gehen an den Jugendförderverein Bad Berleburg, welcher vor Ort eine wichtige Stützte für das gesellschaftliche Zusammenleben darstellt. Besonders das letzte Jahr ohne Veranstaltungen waren für den Verein rund um die Vorstandsmitglieder Sandra Janson und Holger Saßmannshausen eine große Herausforderung, die Finanzierung gemeinnütziger Projekte ist das Herzstück des Vereins. Selbstverständlich war es für EJOT durch diese Spendenaktion etwas zu schaffen, wovon die Gesellschaft profitiert: „Es ist toll, dass ihr an uns gedacht habt. Das schafft für die Zukunft große Sicherheit“, freut sich Sandra Janson. Nachdem der letzte Vorhang Anfang 2020 gefallen ist, freut sich der ehemalige Besitzer Bernd Womelsdorf umso mehr, dass diese Tradition in Bad Berleburg erhalten werden konnte.

(Fotos: B. Weinhold | Stand: 19.05.2021, 10:15 Uhr)