Wittgenstein. (mb) Die Musikschulen stehen allerorts vor großen Herausforderungen. Denn das Beschäftigungsverhältnis der Lehrkräfte und die Nachwirkungen von Corona sind Themen, die nicht zu vernachlässigen sind. Deswegen blickt man nun in Wittgenstein in eine gemeinsame Zukunft der Musikschulen in Wittgenstein. Und mit dem Weg, den man einzuschlagen gedenkt, ist man derzeit recht zufrieden. Es wurde ein Prozess in Gang gebracht, der die Bedarfe und Probleme in Wittgenstein analysiert und die Abdeckung dieser Bedarfe auf Machbarkeit überprüft. Diesen Prozess hat Dr. Simon Moser in die Hand genommen.

Die Probleme der Musikschulen

Die Herausforderungen der Musikschulen sind vielfältig und längst keine in Wittgenstein exklusiven Problem. Ein Problem ist etwa das Beschäftigungsverhältnis der Lehrkräfte. Denn die meisten davon sind als Honorarkräfte beschäftigt. Also im Grunde als selbstständige Musikerinnen und Musiker. Das führt dazu, dass sie nicht sozialversichert sind. Zuständig für sie wäre dann die Künstlersozialkasse. Doch das sogenannte „Herrenberg-Urteil“ des Bundessozialgerichts stellte in 2022 fest, dass die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte keine wirkliche Selbstständigkeit bedeuten würden, sondern eine abhängige Beschäftigung. Somit müssen sie laut diesem Urteil von der jeweiligen Musikschule angestellt werden.
Was für die Lehrkräfte ein Schritt von der Selbstständigkeit in ein Beschäftigtenverhältnis ist, bedeutet für die Musikschulen erhebliche Mehrkosten. Dazu kommt, dass seit der Corona-Pandemie viele Menschen den Musikunterricht aufgegeben haben. Es gab keinen Unterricht, es gab keine Auftritte, es gab im Grunde keine Motivation mehr, ein Instrument zu lernen, oder es zu unterrichten. Fasst man diese Probleme also zusammen, bedeutet das mehr kosten, die von weniger Schülerinnen und Schülern getragen werden müssen – gerade in Musikschulen, die als Verein organisiert sind und sich über Mitgliederbeiträge finanzieren.

Was ist die Lösung?

Diese Probleme will die Musikschule Wittgenstein nun angehen. Doch was ist letztendlich die Lösung der Probleme? „Das Problem ist noch nicht gelöst“, berichtet Dr. Simon Moser, der den Prozess zur Lösungsfindung leitet. Aber: „Es tut sich etwas.“ Was tut sich genau? Die drei wittgensteiner Kommunen wollen eine gemeinsame Lösung erarbeiten – mit dezentralen Unterrichtseinheiten. Es soll sich nicht alles auf das Musikschulgebäude in der Berleburger Schloßstraße konzentrieren – die Wege also möglichst kurz gehalten werden. Doch die Organisationsstrukturen soll nicht jede Musikschule im Ort für sich stemmen müssen. Und auch die Finanzierungsfrage muss geklärt werden. Und das als oberste Priorität. Seit der Pandemie ist der Anteil der öffentlichen Mittel in der Finanzierung deutlich gestiegen, da die Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen deutlich gesunken sind. Da müsse sich laut Dr. Moser die Politik in den Kommunen klar für einsetzen, weiterhin solche Mittel im Haushalt zu beschließen. Etwa Gelder, die Windenergieanlagen einbringen könnten für ein solches Projekt gut genutzt werden. Auch die drei wittgensteiner Bürgermeister stehen hinter diesem Prozess. Denn dass sich etwas tun muss, steht außer Frage. Doch der nun eingeschlagene Prozess lässt hoffen. Dieser soll übrigens möglichst transparent gestaltet werden. Die Ergebnisse werden nach und nach auf einer Projektwebsite veröffentlicht. Bisher wurden schon einige Bedarfe ausgemacht strukturiert und priorisiert. Damit lässt sich nun arbeiten. Gefördert wird der Prozess von LEADER-Mitteln. Diese laufen noch bis Mitte November. Ein Datum, das noch einmal wichtig wird, denn im September finden bekanntermaßen die Kommunalwahlen statt. Danach müsse auch die „neue“ Politik in den Kommunen wieder von dem Vorhaben überzeugt werden. Probleme würden dabei aber nicht erwartet, denn dass die Musikschulen weit mehr sind, als nur das Vermitteln von Instrumentenkenntnissen ist allen Beteiligten klar. Vielmehr werden hier Kompetenzen fürs Leben gelehrt wie etwa kognitive und soziale Kompetenzen. Derzeit sind 340 Schülerinnen und Schüler im Unterricht der Musikschule Wittgenstein, 15 Lehrkräfte sind dabei beschäftigt – 13 davon mit Honorarverträgen.

Bildunterschrift: Sie sind erfreut über den Zwischenstand der Musikschule Wittgenstein: Holger Saßmannshausen (LEADER Region Wittgenstein), Axel Theuer (Sparkasse Wittgenstein), Dr.-Ing. Eike Gücker (Vorsitzender Musikschule Wittgenstein e.V.) die Bürgermeister Bernd Fuhrmann, Dirk Terlinden, Henning Gronau und Dr. Simon Moser (Leiter Prozess „Musik für ganz Wittgenstein“).

(Foto: M. Burk | Stand: 20.06.2025, 14:48 Uhr)